
Viele dieser Informationen sind ein Auszug aus einer früheren Stellungnahme von SudanUprising Deutschland, die hier vollständig zu finden ist.
Die Miliz der Rapid Support Forces (RSF) wird von Mohammad Hamdan Dagalo (bekannt als "Hemedti") angeführt. Hemedti ist derzeit der stellvertretende Vorsitzende des Souveränen Rates im Sudan, einer Schlüsselinstitution des sudanesischen Staates in der Übergangszeit nach der Revolution von 2018. Die RSF ist eine Umbenennung der völkermordenden Janjaweed-Milizen, die beschuldigt werden, in Darfur Kriegsverbrechen begangen zu haben. In den Stellungnahmen der Europäischen Union (EU) und Deutschlands zum Sudan während der Revolution und danach wird die Rolle der EU, angeführt von Deutschland, beim Aufstieg der Janjaweed-Miliz/RSF nicht erwähnt. Während die EU zwischen 2015 und 2018 ein Waffenembargo gegen den Sudan verhängte, schleuste sie gleichzeitig Hunderte von Millionen Euro durch den "Khartum-Prozess", ein 2014 unterzeichnetes Abkommen zwischen der EU und Ländern am Horn von Afrika, in das Land. Dieser Geldfluss kam direkt dem diktatorischen Regime im Sudan zugute.
Der "Khartum-Prozess" ist ein Kernstück der unethischen und unmoralischen EU-Politik der "externalisierten Grenzen" und zielt vor allem darauf ab, die Möglichkeiten von Migrant*innen und Geflüchtete einzuschränken, Europa zu erreichen. Im Jahr 2015 schuf Brüssel einen speziellen Geldtopf - den EU-Notfalltreuhandfonds für Afrika - angeblich, um die Länder des Khartum-Prozesses dabei zu unterstützen, die Ursachen der Migration anzugehen und Menschenhandel und Schmuggel zu bekämpfen. Eine im November 2017 veröffentlichte Oxfam-Analyse ergab jedoch, dass von den 400 Millionen Euro, die über den Fonds bereitgestellt wurden, nur 3 % in die Entwicklung sicherer und regulärer Migrationsrouten flossen. Der überwiegende Teil wurde für die Migrationskontrolle ausgegeben.
Ein weiterer Bericht, der im selben Monat von der International Refugee Rights Initiative (IRRI), der Strategic Initiative for Women in the Horn of Africa (SIHA) und dem Centre for Human Rights Law an der SOAS, University of London, veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass "das Partnerschaftsmodell des Khartum-Prozesses, bei dem die EU Finanzmittel, Dienstleistungen und andere Vorteile im Gegenzug für die Steuerung der Migration durch afrikanische Länder bereitstellt, asymmetrisch und weitgehend von europäischen Interessen und Forderungen bestimmt ist". Der Bericht kam auch zu dem Schluss, dass dieses Modell Teil eines breiteren Trends des "Offshoring" von Migrant*innen und Geflüchteten ist - wobei Staaten einen anderen Staat dafür bezahlen, Asylsuchende oder Geflüchtete aufzunehmen.
Die Deutsche Welle stellte ihrerseits in einem Bericht vom 22. Juli 2019 fest, dass das von der EU finanzierte Geheimdienstzentrum, das als Regionales Operatives Zentrum in Khartum (ROCK) bekannt ist, erst im Juni 2019, sieben Monate nach Beginn der Revolution und erst nach dem Massaker vom 3. Juni, eingestellt wurde. Laut diesem Bericht hatte das Zentrum die Sicherheitskräfte von neun Ländern am Horn von Afrika zusammengebracht, um "Erkenntnisse über Menschenhandel und Menschenschmuggelnetzwerke zu teilen". Derselbe Bericht stellt fest, dass ein von der deutschen Entwicklungsagentur GIZ geleitetes Projekt, das sudanesische Grenzschützer*innen und Polizist*innen ausbildet und ausrüstet, erst Mitte März 2019 "gestoppt" wurde, drei Monate nach Beginn der Revolution, als bereits Hunderte von Menschen getötet, verletzt und vom Regime verhaftet worden waren. Zu diesem Zeitpunkt machte die EU keine Ankündigung, dass sie das Programm gestoppt hat, möglicherweise, um nicht darauf aufmerksam zu machen, dass das Programm überhaupt erst in Betrieb war.
Nach Angaben des Sudanese Media Center umfasste die Zusammenarbeit zwischen dem al-Bashir-Regime und der deutschen Regierung mindestens einen Besuch einer Delegation des sudanesischen Innenministeriums in Berlin im Jahr 2016, desselben Ministeriums, das eng mit dem berüchtigten Nationalen Nachrichten- und Sicherheitsdienst (NISS) zusammenarbeitete. Und laut einem in diesem Jahr (2020) veröffentlichten Bericht des Chr. Michelsen-Instituts, "wurde ein Großteil der von der EU finanzierten Ausbildung und Ausrüstung, die den Sudanes*innen zur Verfügung gestellt wurde, für doppelte Zwecke verwendet. Die Ausrüstung, die die Identifizierung und Registrierung von Migranten ermöglicht, wurde für Überwachung und Menschenrechtsverletzungen gegen sudanesische Bürger eingesetzt."
Die Auswirkungen dieser von Deutschland angeführten EU-Politik auf die Macht der RSF sind katastrophal. Wie der Menschenrechtsaktivist Suliman Baldo in seinem Bericht vom April 2017 feststellte, "beinhaltet die Strategie des Sudans, die Migrantenströme im Namen Europas zu stoppen, ein rücksichtsloses Vorgehen der RSF gegen Migrant*innen innerhalb des Sudans". Im weiteren Verlauf des Berichts fügt er hinzu, dass "das Regime in den Jahren 2015 und 2016, überzeugt von der Effektivität der RSF als Aufstandsbekämpfungseinheit, die RSF zur primären Kraft des Sudans ernannte, die die sudanesischen Grenzen patrouillieren sollte, um die Bewegung von Migrant*innen zu unterbinden. Die sudanesische Regierung hat diese Ernennung im Rahmen ihrer Partnerschaft mit der EU zur Kontrolle der Migration vorgenommen. Als solche ist die RSF in der Lage, EU-Gelder zur Reduzierung der Migrant*innenströme aus dem Sudan nach Europa zu erhalten. Die sudanesische Regierung erließ im Januar 2017 ein Gesetz, das die RSF in die sudanesischen Streitkräfte integrierte ... Das Gesetz von 2017 machte die RSF (widersprüchlich) autonom, in die Armee integriert und unter das Kommando von Präsident Omar al-Bashir".
Baldo wird in einem Artikel der New York Times zu diesem Thema, der im April 2018 veröffentlicht wurde, mit den Worten zitiert: "Es wird kein direktes Geld ausgetauscht. Aber die EU legitimiert im Grunde eine missbräuchliche Gewalt." Im selben Artikel wird ROCK erwähnt - das "gemeinsame Koordinationszentrum", das im Sudan eingerichtet und von der EU finanziert wurde, um Informationen über Migrationsströme und Menschenhandel auszutauschen. "Europäische Beamte haben nur direkten Kontakt mit der sudanesischen Einwanderungspolizei, nicht aber mit der RSF oder den Sicherheitskräften ..., die als NISS bekannt sind, doch ihre Operationen sind nicht so weit voneinander entfernt."
In einem investigativen Bericht, der am 30. Januar 2018, weniger als ein Jahr vor Beginn der Revolution im Sudan, in der Zeitschrift The New Humanitarian (ehemals IRIN NEWS) veröffentlicht wurde, heißt es außerdem: "Das aufgedeckte Muster von Korruption und Rechtsverletzungen nährt die allgemeineren Bedenken, ob die Migrationspolitik der EU eine schwierige Situation nicht sogar verschlimmert.... Die zuvor durchlässige Nordgrenze des Sudan zu Libyen ist immer gefährlicher geworden, nachdem der sudanesische Präsident Omar al-Bashir 2015 die ehemaligen Janjaweed - eine paramilitärische Gruppe, die in Kriegsverbrechen während des Darfur-Konflikts verwickelt war - als Grenzschutz eingesetzt hat. Diese Miliz, die in Rapid Support Forces (RSF) umbenannt und im Januar 2017 in die sudanesische Armee integriert wurde, nimmt Asylsuchende fest und übergibt sie der Polizei, die sie wegen illegaler Einreise festnimmt, mit Geldstrafen belegt und abschiebt - ohne Rücksicht darauf, ob die Rückführung in ihr Land mit Folter oder Haftstrafen verbunden ist."
Seit dem Sturz des al-Bashir-Regimes durch den friedlichen Massenaufstand im Sudan 2018-2019 haben die deutsche Regierung und die EU ihre Interessen im Sudan als rein altruistisch dargestellt. Tatsächlich ist eine der größten Bedrohungen für den Übergang im Sudan die europäische Politik selbst. Die RSF, angeführt von Hemedti, wurde indirekt durch die EU-Politik dabei unterstützt, die gewaltsamen und repressiven Sicherheitsmaßnahmen fortzusetzen, unter denen die Sudanes*innen seit Jahrzehnten leiden.
Als Anführer der RSF ist Hemedtis Macht unter der Politik der "externalisierten Grenzen" der EU nur gewachsen, so sehr, dass während der Revolution, als die RSF ständig eingesetzt wurde, um Gewalt gegen Demonstrant*innen zu verüben, ein politisches Abkommen ohne ihn nicht zustande kam. Die im August 2019 unterzeichnete Verfassungserklärung legitimiert in einem potenziell katastrophalen Schritt die RSF als Paralleltruppe zur Armee. Hemedti ist jetzt nicht nur der stellvertretende Vorsitzende des Souveränen Übergangsrats, wie eingangs erwähnt, sondern er und seine Miliz stellen nicht nur eines der größten Hindernisse für den Übergang des Sudan zu einem vollständig zivilen und demokratischen Staat dar, sondern auch für die Verwirklichung von Gerechtigkeit - eine Kernforderung der Revolution für die Menschen in den vom Krieg betroffenen Regionen, für Frauen und für die ermordeten, vergewaltigten und verletzten Demonstranten im ganzen Land.
Die Unterdrückung von Migrant*innen und Geflüchteten durch die deutsche und EU-Politik beginnt und endet natürlich nicht im Sudan, sondern erstreckt sich auch auf diejenigen auf europäischem Boden. Am 3. Februar 2020 traf das Innenministerium des Bundeslandes Niedersachsen die Entscheidung, sudanesische Flüchtlinge abzuschieben. Die Entscheidung basierte auf Informationen des Auswärtigen Amtes im Rahmen einer Innenministerkonferenz (IMK), die vom 12. bis 14. Juni 2019 stattfand. Seit Februar ist dieser Beschluss in verschiedenen Städten in Deutschland in Kraft getreten, darunter Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück und Stade.
Wie ist die Situation heute?
Die Zusammenarbeit mit dem sudanesischen Staat bei der Migrationskontrolle in der Region geht weiter, und tatsächlich gibt es beunruhigende Hinweise darauf, dass der Sudan als wichtiges Herkunfts- und Transitland, das verzweifelt auf westliche Hilfe und Unterstützung angewiesen ist, zu einer Drehscheibe für solche Aktivitäten wird. Der Khartoum Star berichtete am 27. Oktober 2019, Wochen nach der Machtübernahme der neuen Übergangsregierung, dass Khartum nun dauerhaft das Zentrum für illegale Migration der Afrikanischen Union beherbergen wird. Der Artikel weist darauf hin, dass in einer Erklärung des sudanesischen Außenministeriums darauf hingewiesen wird, dass "das Zentrum das erste seiner Art auf dem afrikanischen Kontinent ist, wo es Dienstleistungen für alle afrikanischen Länder anbieten wird" und dass "die Europäische Union das Zentrum technisch und finanziell unterstützt".
Die EU versteckt sich hinter dem Diskurs der "Bekämpfung des Menschenhandels" und zunehmend hinter regionalen Gremien wie der Afrikanischen Union, Deutschland entzieht sich der Rechenschaftspflicht. Aber wie AbdelMageed Yaha in einem kürzlich erschienenen Bericht aufzeigt, "bezeichnet ein neuer öffentlicher Diskurs irreguläre Migration als Menschenhandel. Dieser neue Diskurs ist geprägt von den sich abzeichnenden globalisierten Migrationsmustern und der zunehmenden Versicherheitlichung der europäischen Grenzen".
Es ist an der Zeit, dass die EU-Agenda zur Sicherung der Grenzen und die verheerenden Auswirkungen auf die Menschenrechte im Sudan und anderswo offengelegt werden. Die #EndJanjaweed Kampagne ist ein Teil dieser Bemühungen. Sie zielt darauf ab, die Migrationskontrollpolitik der EU im Sudan zu beenden und damit auch ihre Mitschuld an der Macht der RSF-Miliz.